Gerichtsvollzieherbüro

Die Adresse Kurze Strasse 1 in Heilbronn besucht man gerne. Hier regieren nette Leute, nämlich ganze fünf Gerichtsvollzieher haben hier ihr Büro! Das Gebäude aussen erkennt man trotz fehlender Bezeichnung leicht, es ist angemessen aufgemacht - Fassadenfarbe von verschimmelter Erbsensuppe, die Rolläden immer ganz oder halb unten und veralgt-kaputt aussehend, Graffiti, alte Fenster, nicht isoliert, abgeranzt und insolvent wie die Besucher. Den Porsche sollte man woanders abstellen, Parkplätze gibts sehr spärlich. Nur ein schlichtes Schild mit dem Landeswappen, hoch oben in nicht randalierbarer Höhe angebracht ziert diese Stätte des Vollstreckungsrechts. Der Eingang ist ganz diskrekt auf der Rückseite, von der kurzen Strasse her, muss ja nicht jeder sehen wer hier vorgeladen ist.Die Büros innen sind grundrissunveränderte enge alte Wohnungen, sie wirken wie wenn die letzten Bewohner von der roten Armee aus Ostpreussen vertrieben wurden und im zerbombten Heilbronn froh waren, in eine hastig notgebaute Wohnung zu kommen. Es ist düster, es duftet nach feuchtem alten Filz, die Plastiksitze verströmen den Charme von Sperrmüll, was die Klientel sicher gut kennt. An der Wand hängen eingerahmte Warnungen in vielen Sprachen, man solle doch bitte niemand Gewalt antun, sonst würde einem ein Wachtmeister die Schnauze polieren. Es gibt keinen Kaffee, der Service könnte besser sein. Die Gerichtsvollzieher sitzen in Plexiglasgehäusen, vermutlich gab es schon den einen oder anderen Versuch, ihnen an die Gurgel zu gehen. Der spezielle Charme und die dichte Atmosphäre des Orts ist unübertrefflich, ein Besuch lohnt sich auch ohne Termin.So wie anderswo sind Gerichtsvollzieher auch hier im Grunde umgängliche und höfliche Leute, immer an Lösungen, nie an Krawall interessiert. Ihre Hauptaufgabe besteht heutzutage de facto in der Abnahme von Vermögensauskünften, denn längst gibt es bei Überschuldeten kaum mehr etwas von Wert zu pfänden. An den Konten oder Arbeitseinkommen haben sich die Gläubiger schon viel früher vergriffen, was aber nicht ausreicht, sonst müsste man nicht zum GV. Jedenfalls kann man hier eine ruhige Stunde erleben, sich ganz frei machen von allen lästigen Restwerten und dann per Unterschrift offiziell pleite werden.