Johanneskirche

Die Nagolder Grafentochter muss gut zu Fuß und recht unternehmungslustig gewesen sein, aber einen schlechten Orientierungssinn gehabt haben, wenn sie sich bis zur Nagoldquelle verirrte. Bei Einbruch der Nacht, so erzählt die Sage, gelobte sie in ihrer Angst, dort, wo sie den ersten hilfsbereiten Menschen treffen werde, eine Kirche bauen zu lassen. Ein Köhler nahm sie auf und brachte sie wohlbehalten zurück. Die Kirche wurde gebaut, 1228 wird sie zum ersten Mal urkundlich erwähnt. Urnagold heißt der kleine Ort, der heute zur Gemeinde Seewald gehört. Johannes dem Täufer geweiht, war sie jahrhundertelang Pfarrkirche für Besenfeld, Göttelfingen und Hochdorf. Allerdings stammt der gotische Chor und der Turmsockel aus späterer Zeit, wahrscheinlich aus dem 14. Jahrhundert. Der Chor mit dem Altar ist das liturgische Zentrum einer Kirche, der Turm darüber verbindet symbolisch den Altar mit dem Himmel. Solche Chorturmkirchen finden sich besonders häufig in den Landkreisen Freudenstadt und Calw. Dass es sich dabei um „Wehrkirchen“ handele, wird von der neueren Forschung bezweifelt. Zwar umgibt auch die Johanneskirche ein Mäuerchen, das hätte aber kaum einer Belagerung standgehalten, es ist die Mauer des Kirchhofs, die Wildtiere abhalten sollte. Und was frühere Heimatforscher als „Schießscharten“ interpretierten, waren die normalen Schlitzfenster romanischer Kirchenbauten. Die Deckengemälde im Netzgewölbe des Chors zeigen die Symbole der vier Evangelisten. Das Kirchenschiff wurde 1754 anstelle des alten, abgebrannten, errichtet. Im seinem hinteren Teil hängt ein Tafelbild mit der Darstellung des Abendmahls Christi, eine barocke Bauernmalerei, die an Leonardo da Vincis Abendmahl erinnert. Erst seit 1965 besitzt die Kirche eine Orgel. Den Schlüssel für die Kirche erhält man im direkt daneben liegenden Gasthaus „Hirsch“.